Was 2025 und 2026 die Weiterbildung in der Region Hochrhein prägt: Wir zeigen aktuelle Trends in der beruflichen Bildung.

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Grenzregion im Wandel: Wie sich Weiterbildung am Hochrhein neu erfindet

Der Landkreis Waldshut steht vor einer besonderen Herausforderung. Als Grenzregion zur Schweiz pendeln täglich Tausende von Fachkräften – rund 18 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten jenseits der Grenze. Diese besondere Situation prägt auch die Anforderungen an berufliche Weiterbildung. Von den etwa 93.000 Erwerbstätigen in der Region arbeiten 55.000 in über 7.000 Betrieben, die von Metallerzeugung über Maschinenbau bis zu Pharma und Kunststoffverarbeitung reichen. Das Handwerk beschäftigt allein 20.000 Menschen.

Doch während die Wirtschaftsstruktur gewachsen ist, verändern sich die Spielregeln für berufliche Qualifizierung fundamental. Was gestern noch als moderne Weiterbildung galt, wirkt 2025 bereits überholt. Der Grund: Technologische Entwicklungen beschleunigen sich rasant, und mit ihnen die Anforderungen an Kompetenzen.

Studien zeichnen ein klares Bild. Das Bundesinstitut für Berufsbildung prognostiziert, dass bis Ende 2025 über 60 Prozent der Arbeitsplätze von erheblichen Kompetenzverschiebungen betroffen sein werden. Der Digitalverband Bitkom geht davon aus, dass über 90 Prozent der Unternehmen bereits KI-gestützte Systeme einsetzen. Für eine ländlich geprägte Region zwischen Hochrhein und Hochschwarzwald bedeutet das: Weiterbildung muss nicht nur inhaltlich auf der Höhe der Zeit sein, sondern auch geografisch und zeitlich flexibel.

Dieser Artikel beleuchtet sieben zentrale Entwicklungen, die 2025 und 2026 prägen werden – und zeigt, was sie konkret für Fachkräfte und Betriebe am Hochrhein bedeuten.

Wie kleine Lerneinheiten die Weiterbildung revolutionieren

Stellen Sie sich vor: Eine Fachkraft in Bad Säckingen nutzt die morgendliche Kaffeepause für ein zehnminütiges Lernvideo zu neuen CNC-Steuerungen. Mittags vertieft sie das Wissen mit einem kurzen Quiz. Am nächsten Tag wendet sie das Gelernte direkt an der Maschine an. Willkommen in der Welt des Microlearning – einem der prägendsten Trends 2025.

Der Ansatz basiert auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen: Unser Gehirn verarbeitet kurze, fokussierte Informationseinheiten deutlich effektiver als mehrstündige Vorträge. Studien der Bitkom Akademie belegen, dass Microlearning nicht nur die Lerneffizienz steigert, sondern auch die Motivation der Teilnehmenden erhöht. Der Grund: Schnelle Erfolgserlebnisse halten am Ball.

Für den Landkreis Waldshut mit seinen weiten Wegen zwischen den Gemeinden bietet dieser Ansatz besondere Vorteile. Statt ganztägiger Seminare, die lange Anfahrten erfordern, können Beschäftigte in Waldshut-Tiengen, Bonndorf oder Wehr berufsbegleitend lernen. Ein sechsmonatiger Qualifizierungskurs lässt sich in 24 zweiwöchige Module aufteilen – jedes vermittelt eine konkrete Kompetenz, die sofort im Betrieb anwendbar ist.

Besonders kleinere Handwerksbetriebe profitieren davon. Mitarbeitende müssen nicht mehr tage- oder wochenlang fehlen. Das Gelernte fließt kontinuierlich in die tägliche Arbeit ein, statt nach einem einmaligen Intensivseminar schnell zu verblassen.

Warum Online und Präsenz zusammengehören

Die Diskussion "Online oder Präsenz?" ist 2025 überholt. Die Frage lautet: Wie kombinieren wir beides optimal? Hybride Lernformate nutzen jede Form für das, was sie am besten kann. Theoretische Wissensvermittlung erfolgt online – flexibel, selbstgesteuert und ortsunabhängig. Praktisches Training, Gruppenarbeiten und Netzwerken finden in Präsenz statt.

Die GFA Campus-Studie zu Weiterbildungstrends zeigt: Über die Hälfte aller Berufstätigen bevorzugt genau diese Mischung. Die Flexibilität des Online-Lernens wird geschätzt, persönliche Begegnungen aber nicht missen wollen.

Für eine Grenzregion wie den Landkreis Waldshut ist das ideal. Viele Beschäftigte pendeln täglich in die Schweiz und haben wenig Zeit für regelmäßige Präsenzkurse. Online-Module können sie flexibel absolvieren – auch abends oder am Wochenende. Präsenztermine finden dann einmal monatlich in zentraler Lage statt, etwa in Waldshut-Tiengen oder Bad Säckingen.

Diese Präsenzphasen sind mehr als Pflichttermine. Sie werden zu Begegnungsräumen, in denen sich Fachkräfte aus verschiedenen Betrieben und Branchen austauschen, gemeinsam an Maschinen üben und Netzwerke aufbauen. Moderne Seminarräume mit guter digitaler Ausstattung werden zu Knotenpunkten regionaler Weiterbildung – auch für die 20.000 Beschäftigten im starken Handwerkssektor der Region.

Persönliche Lernpfade dank Künstlicher Intelligenz

Ein Elektriker aus Küssaberg und eine Pharma-Technikerin aus Wehr starten denselben Online-Kurs zu Industrie 4.0. Nach wenigen Tagen sehen beide völlig unterschiedliche Inhalte. Warum? Weil eine KI im Hintergrund analysiert, wer welche Vorkenntnisse hat, wo Lücken bestehen und welche Lernmethode am besten funktioniert.

Adaptive Lernplattformen sind 2025 keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität. Das Bundesinstitut für Berufsbildung erforscht diese Systeme intensiv und kommt zu eindeutigen Ergebnissen: Lernende erreichen ihre Ziele schneller und nachhaltiger, weil Inhalte präzise auf ihren Wissensstand zugeschnitten werden. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Kunststoffverarbeiter aus Wehr möchte sich in digitaler Produktionsplanung weiterbilden. Die KI-gestützte Plattform erkennt schnell, dass seine technischen Kenntnisse exzellent sind, während bei Software-Anwendungen Unsicherheiten bestehen. Das System reagiert: Mehr praktische Software-Übungen, weniger technische Theorie.

Für die über 7.000 Betriebe im Landkreis – vom Ein-Personen-Handwerksbetrieb bis zum mittelständischen Maschinenbauer – bedeutet das: Standardkurse, die für alle gleich ablaufen, gehören der Vergangenheit an. Jeder Mitarbeitende erhält einen Lernpfad, der exakt zu seiner Rolle und seinen Vorkenntnissen passt.

Soft Skills: Der unterschätzte Erfolgsfaktor

Während über KI und Digitalisierung viel gesprochen wird, übersehen viele einen entscheidenden Trend: Menschliche Kompetenzen werden wichtiger, nicht unwichtiger. Das World Economic Forum hat in seinem "Future of Jobs Report" ermittelt, welche Fähigkeiten Fachkräfte wirklich brauchen. Platz eins: analytisches und kreatives Denken. Platz zwei: Resilienz, Flexibilität und Agilität.

Warum? Weil Fachwissen zunehmend automatisierbar oder online verfügbar ist. Was Maschinen nicht können: kreativ denken, empathisch kommunizieren, in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren, in diversen Teams konstruktiv zusammenarbeiten.

Für den Landkreis Waldshut mit seiner besonderen Grenzgänger-Situation ist das hochrelevant. Viele Beschäftigte arbeiten in internationalen Kontexten, wechseln zwischen deutschen und Schweizer Arbeitskulturen. Interkulturelle Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit sind hier keine Zusatzqualifikationen, sondern Kernkompetenzen.

Bildungsanbieter in der Region reagieren darauf. Soft-Skills-Trainings werden fester Bestandteil beruflicher Weiterbildung – von klassischer Kommunikation über Zeitmanagement bis zu Resilienz-Training und emotionaler Intelligenz. Die Erkenntnis setzt sich durch: Fachliche Qualifikation plus Persönlichkeitsentwicklung macht Fachkräfte wirklich zukunftsfähig.

Bild zeigt ein modernes Büro mit dem Rhein im Hintergrund als Bildungstrends Metapher

Wenn Arbeit und Lernen verschmelzen

Die klare Trennung von "Lernzeit" und "Arbeitszeit" löst sich auf. Ein Phänomen, das das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung untersucht hat: Über 70 Prozent des beruflichen Lernens findet mittlerweile informell während der Arbeit statt. Menschen lernen am meisten, wenn sie konkrete Probleme lösen, neue Werkzeuge ausprobieren oder von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen begleitet werden.

Für die mittelständisch geprägten Betriebe am Hochrhein ist das eine Chance. Statt Mitarbeitende wochenlang freizustellen, integrieren sie Lernprozesse in den Arbeitsalltag. Ein Metallbetrieb in Bonndorf führt eine neue Maschine ein? Ein Mitarbeiter wird intensiv geschult und gibt sein Wissen dann intern weiter – in kurzen Praxisdemonstrationen, begleiteten Übungsphasen und dokumentierten Schritt-für-Schritt-Anleitungen.

So entstehen betriebsinterne Wissensressourcen, die genau auf die spezifischen Abläufe und Maschinen des Betriebs zugeschnitten sind. Keine abstrakten Theorie-Seminare, sondern praktisches Wissen, das direkt anwendbar ist. Für kleinere Betriebe, die nicht über eigene Weiterbildungsabteilungen verfügen, ist das der pragmatischste Weg zu kontinuierlicher Qualifizierung.

Regionale Kammern und Bildungseinrichtungen entwickeln zunehmend Konzepte, wie solche betriebsintegrierten Lernformen systematisch aufgebaut werden können – angepasst an die Bedürfnisse des Mittelstands in der Grenzregion.

Digitale Lernbegleiter: Von der Kursplattform zur Lernerfahrung

Ein technologischer Wandel vollzieht sich still, aber nachhaltig: Learning Experience Platforms (LXP) lösen klassische Lernmanagementsysteme ab. Der Unterschied? Während herkömmliche Systeme Kurse verwalten und alle Teilnehmenden durch dasselbe Programm führen, gestalten LXP das Lernen als individuelles Erlebnis.

Eine LXP empfiehlt Inhalte basierend auf Interessen, Karrierezielen und bisherigem Lernverhalten. Sie integriert verschiedenste Formate nahtlos: Videos, Podcasts, interaktive Übungen, Artikel, Live-Sessions. Das Lernen wird intuitiver und motivierender – wie eine persönliche Entdeckungsreise statt eines starren Stundenplans.

Für den Landkreis Waldshut bedeutet das: Statt isolierter Einzelkurse entstehen vernetzte Lernwelten. Wer einen Kurs zu Projektmanagement absolviert, bekommt automatisch passende Angebote zu Teamführung oder interkultureller Kommunikation vorgeschlagen – besonders relevant in einer Grenzregion mit 18 Prozent Grenzgängern.

Die Technologie wird zunehmend bezahlbar und ist nicht mehr nur großen Konzernen vorbehalten. Bildungsanbieter, die heute in solche Plattformen investieren, schaffen Lernerlebnisse, die Menschen motivieren und langfristig binden.

Modulare Zertifikate: Kompetenzen Schritt für Schritt nachweisen

Die Welt der Abschlüsse wird kleinteiliger. Neben klassischen Abschlüssen wie Meister oder Fachwirt etablieren sich Micro-Credentials – digitale Nachweise für einzelne Kompetenzen. Nach einem zweimonatigen Kurs gibt es ein Zertifikat für "Digitale Qualitätskontrolle". Nach dem nächsten Modul folgt "Lean Production Management".

Der Vorteil liegt auf der Hand: Fachkräfte müssen nicht mehr drei Jahre in eine große Fortbildung investieren. Sie können berufsbegleitend, Schritt für Schritt, ihr Kompetenz-Portfolio erweitern. Besonders für Grenzgänger ist das wertvoll – die digitalen Nachweise sind fälschungssicher und können sowohl deutschen als auch Schweizer Arbeitgebern transparent präsentiert werden.

Europaweit wird an Standards gearbeitet, damit diese Micro-Credentials vergleichbar und anerkannt sind. In der regionalen Weiterbildungslandschaft entstehen zunehmend modulare Systeme: Jedes Modul endet mit einem Nachweis, mehrere Module führen zu einem Gesamtabschluss.

Für Beschäftigte in der Region Hochrhein bedeutet das mehr Flexibilität. Statt "entweder große Fortbildung oder gar nichts" gibt es nun individuelle Bildungswege, die zu Lebensrealitäten mit Familie, Grenzpendeln und wechselnden beruflichen Anforderungen passen.

Was 2026 bringen wird: Drei Ausblicke

Drei Entwicklungen werden 2026 voraussichtlich an Fahrt gewinnen:

Virtual und Augmented Reality im Praxistraining.
Erste Anwendungen gibt es bereits – VR-Schweißtraining im Handwerk, AR-Anleitungen für Maschinenwartung. 2026 werden diese Technologien erschwinglicher. Für Betriebe am Hochrhein bedeutet das: Komplexe oder gefährliche Arbeitsschritte lassen sich risikofrei virtuell trainieren, bevor Mitarbeitende an teuren Anlagen üben.

Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung.
Die Grenzen werden fließender. Regionale Hochschulen entwickeln berufsbegleitende Programme, die auf Meister- oder Fachwirt-Abschlüssen aufbauen. Lebenslanges Lernen wird zur nahtlosen Bildungsbiografie – wichtig für eine Region, die sowohl akademische als auch berufliche Karrierewege braucht.

KI als persönlicher Lerncoach.
2026 werden KI-Chatbots zum individuellen Begleiter. Sie beantworten Fragen rund um die Uhr, geben Feedback, motivieren bei Durchhängern und passen Lernpläne dynamisch an. Professionelle Lernbegleitung wird damit für jeden zugänglich – unabhängig von Wohnort oder Betriebsgröße.

Fazit: Chancen für die Grenzregion

Die Trends in der beruflichen Bildung 2025 und 2026 verändern grundlegend, wie gelernt wird. Für den Landkreis Waldshut entstehen daraus konkrete Chancen. Die Grenzlage zur Schweiz, die ländliche Struktur, die mittelständische Wirtschaft – all das sind keine Hindernisse, sondern können zu Vorteilen werden.

Hybride Lernformate überbrücken Entfernungen. KI-gestützte Plattformen ermöglichen personalisiertes Lernen ohne große Bildungszentren vor Ort. Betriebsintegriertes Lernen passt zur Kultur mittelständischer Betriebe. Und modulare Zertifikate bieten Flexibilität für Menschen, die Familie, Grenzpendeln und Weiterbildung vereinbaren müssen.

Die entscheidende Frage ist nicht, ob diese Trends kommen. Sie sind bereits da. Die Frage ist: Wie nutzen wir sie? Wie gestalten Bildungsträger, Betriebe und Fachkräfte gemeinsam eine Weiterbildungslandschaft, die zur Region passt und Menschen zukunftsfähig macht?

Die berufliche Bildung verändert sich. Die Chancen liegen bereit – ob in Waldshut-Tiengen, Bad Säckingen, Bonndorf, Wehr oder Küssaberg.

Möchten Sie sich selbst oder Ihre Mitarbeitenden fit für die Zukunft machen?

Im Netzwerk für berufliche Fortbildung Hochrhein erwarten Sie über 60 Bildungsträger mit hunderten aktuellen Weiterbildungsangeboten. Diese rechen von KI-gestützten Online-Kursen bis zu praxisnahen Hybrid-Formaten.


Netzwerk für berufliche Fortbildung Hochrhein

Ihre Ansprechpartnerin:

Birgit Borufka
Vorsitzende des Netzwerks für berufliche Fortbildung Hochrhein

Tel.: 07621 9242-32

Web: https://fortbildung-hochrhein.de
E-Mail: kontakt@fortbildung-hochrhein.de


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www.fortbildung-bw.de ist das offizielle Portal für berufliche Weiterbildung des Landes Baden-Württemberg.

Herzstück der Plattform ist die umfangreiche Datenbank mit aktuellen Weiterbildungsangeboten aller Mitglieder des Netzwerkes für berufliche Fortbildung.

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